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Der große Unterschied

leichte Frage (allgemeine Aufgabe) Übersicht
 
Man sagt, dass Männer nur an das Eine denken, während sich Frauen eher für Schuhe als für Sex interessieren. Wie ist deine Meinung dazu? Wodurch unterscheiden sich Männlein und Weiblein in Wirklichkeit (von körperlichen Merkmalen mal abgesehen)?


Dauer: 3 Tage    Kamera: Nein    Für: Männer, Frauen, Paare    erstellt: 24.11.2002   
Kategorie 1: kreativ    Kategorie 2: Begriff-/Sachfragen, Philosophie/Religion   
Adultshop
gelöst  17.11.2005 18:36  


Preface:
Eine 'einfache' Frage, die von mir verlangt, mein weitschweifiges, babbelndes, relativerendes, verständnisheischendes Gelaber abzulegen und, ganz ohne Ausflüchte, eingeschobene - und manchmal eingewobene - Nebensätze und Hintertürchen, mich aufs Klischee zu konzentrieren, zu reduzieren, zu vereinfachen?
Das ist schwer - ich kenne Männer, die können zuhören, ich kenne Frauen, die viel besser autofahren als ich, die können sie sogar reparieren, ich kenne alleinerziehende Väter und mainbordlötende Technikerinnen - aber jetzt auf ins Schwarz-Weiß-Land.
Mal sehn, wo wir rauskommen.   8-)

Um überhaupt einen Einstieg zu finde, eröffne ich mit der Grundformel des Klischees, mal wieder (Herrn Grönemezers 'Mänenr erwog ich zwar kurz, aber es erschien mir zu einseitig) mit Lyrik, heute mit Herrn F.Schiller, begraben zu Weimar.

Der Mann muß hinaus
Ins feindliche Leben,
Muß wirken und streben
Und pflanzen und schaffen,
Erlisten, erraffen,
Muß wetten und wagen,
Das Glück zu erjagen.
Da strömet herbei die unendliche Gabe,
Es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe,
Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus.
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise,
Und lehret die Mädchen
Und wehret den Knaben,
Und reget ohn Ende
Die fleißigen Hände,
Und mehrt den Gewinn
Mit ordnendem Sinn.
Und füllet mit Schätzen die duftenden Laden,
Und dreht um die schnurrende Spindel den Faden,
Und sammelt im reinlich geglätteten Schrein
Die schimmernde Wolle, den schneeigten Lein,
Und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer,
Und ruhet nimmer.

In seiner Zeit fraglos nichts als eine Situationsbeschreibung, aber mit heutiger Brille eine sarkastische Kolumne, zynisch und überzogen genug, um bei Max Biller oder in der EMMA auf Seite 3 zu landen - die Quintessenz aller Herzromane von Frau Courts-Mahler bis Hera Lind und dem Herrn und Frau Pease.
Aber wenn man sich fragt, warum diese Zusammenfassung trotzdem bis heute hier und da ihre Berechtigung hat, kommt man um zwei Quellen der männlichen und weiblichen Charakterströmungen nicht herum.

Die biologische Prägung

Die Entscheidung zwischen XX und XY ist eine weitreichende, Männer haben mehr Testosteron im Leib - und das schon sechs Wochen nach der Befruchtung der Eizelle, dann in seiner edelsten Form, als Dihydrotestosteron.

XY macht wach, energiegeladen, kampflustig. Es macht Muskeln männlich stark und, wenn der Knabe lange genug wartet, auch einen Bart, sorgt für Baßstimme wie für frühen Herzinfarkt - und räumliches Seh- und Orientierungsvermögen. Und, natürlich, dafür, daß Mann nicht schwanger werden kann, egal, wie oft er poppt. Hat Vorteile, ja, doch.
XX macht weicher, gelassener, zurückhaltender. Es macht Rundungen rundlich, sorgt für angenehme Polsterungen im Bindegewebe und, mit der Zeit, auch für runde Brüste, runde Pobacken und, wenn Frau nicht aufpaßt, für einen runden Bauch. Das ist das Risiko im Spiel - aber Kinder sind auch was Schönes, ja, doch.

Aber: diese Unterschiede wirken sich nicht nur körperlich, sondern auch im Verhalten aus.
Jungens sind in der Regel agressiver - positiv formuliert, durchsetzungsfähiger - sie vergleichen sich im Sport, streiten miteinander um Ausdauer, Kraft - und Coolness. Nichts Schlimmeres, als uncool zu sein - selbst schwul ist noch ne bessere Option. Selbstbehauptung ist etwas, das von innen kommt, da kann Dir keiner bei helfen. Und sie behalten ihre Erfolgsstrategien auch später bei: Männer sind Konkurrenten, ob auf der Autobahn, in der Disco oder im Job. Es geht um die Entscheidung, darum, wer der Bessere ist - oder wer, zumindest, das schnellere Auto, die stärkere Bohrmaschine, den größeren Penis hat.
Mädchen sind zurückhaltender, arbeiten vernetzter - so wie auch ihre Hirnhälften sich schon im Mutterleib, wenn die Jungens sich um ihren Testosteronspiegel kümmern, stärker vernetzen.  Sie suchen sich Verbündete und wechseln die Verbindungen mit einer manchmal erstaunlichen Leichtigkeit, schließen und brechen Zweckfreundschaften, um vorwärtszukommen, auf ihr Ziel zu. Und sie brauchen die Rückversicherung von der besten Freundin - jemanden, der sie bestärkt, der ihnen bestätigt, daß sie schön und groß und stark sind.

Die kulturell-soziale Prägung

Sie ist verantwortlich dafür, wie weit die biologischen Veranlagungen entwickelt, ausgebaut, verstärkt oder abgeschwächt werden - und sie teilt sich in zwei Bereiche, den öffentlichen, gesellschaftlichen Druck und den privaten, das dem Kind vorgelebte Rollenverständnis.
Welchen Einfluß die gesellschaftliche Meinung hat, sehen wir, wenn wir kritisch zurück- und über den Gartenzaun der eigenen Kultur blicken, allerorten. In monotheistisch geprägten Gesellschaften die Konzentration auf den Mann als Kämpfer, Ernährer, Bewahrer und die Frau als seine Dienerin und Gebärmutter *scnr*, in anderen, fernöstlichen, Kulturen eine Zentrierung auf den Familienverband, auf das Wohl der Sippe, dem sich die - und auch der! - Einzelne bedingungslos unterzuordnen hat. Und so lange diese gesellschaftlichen Zwänge stabil und die Völker weitgehend homogen waren, wurden diese Rollenmodelle auch nicht in Frage gestellt. Das blieb den letzten beiden Jahrhunderten überlassen, der nachaufklärerischen Zeit, auf der sowohl die Emanzipation des Bürgertums vor einhundert Jahren als auch die weibliche Emanzipationsbewegung vor knapp vierzig Jahren gründete.
Seitdem ist, zumindest in Westeuropa, nichts mehr wie früher, Frauen leben mit Frauen zusammen, Männer mit Männern, nicht mal die Scheidung ist noch ein Tabu (ich merke, ich schweife ab und versuche, aus dem Klischee wieder in die Differenzierung zu schleichen, mal sehen, ob ich die Kurve noch kriege...). Eine Pluralität von Anschauungen und Lebenskonzepten entwickelt sich, in der ein Kind vor allem einen Anker hat (womit wir zum zweiten Teil dieses Komplexes kommen):
dem als selbstverständlich vorgelebten Rollenverständnis der Eltern.(So, fest vorgenommen, ich bleibe beim Klischee und bei einigen wenigen Schlaglichtern, da ich sonst den Rahmen zu sprengen fürchte.)

Jungen lernen, zu kämpfen, auf Büume zu klettern und Traktoren zu reparieren - und es ist auch ganz selbstverständlich, daß die Arbeit, ihnen etwas Technisches, Produktives beizubringen, an den Vater delegiert wird. Und so lernen sie das, was ihre Väter interessiert: Modelleisenbahnen bauen, Stromleitungen verlegen - und bei einem Wetter, bei dem ein anständige Mensch keinen Hund vor die Tür jagen würde, in einem nassen Fußballstadion sitzen (übrigens, 'Fever Pitch' von Nick Hornby ist ein schönes und spannendes Buch!), aber eben auch, und das werden sie später in ihrer Ehe brauchen, das stundenlange Durch-den-Wald-Wandern, ohne ob der daheimgebliebenen Mutter auch nur einen halben Gedanken zu verschwenden.
Mädchen hingegen werden entweder an die Oma delegiert oder gleich von Mutter und größeren Schwestern in der Küche, dem Zentrum der Hauswirtschaft, geschult - Kuchenbacken, Marmeladekochen, hier ein bißchen nähen und dort dem kleinen Bruder den Schnuller wieder in den Mund stecken, mit einkaufen gehen oder auch nur aufpassen, daß die Milch nicht überkocht - die Vorbereitung auf ihr künftiges Leben als Frau und Mutter. Und sie lernen, keine Fragen zu stellen und gelassen zu bleiben, wenn Vater und Brüder nach stundenlangen Spaziergängen aus dem Wald kommen, die dreckigen Botten in der grad gewischten Küche stehen lassen und sich erst mal ausruhen müssen.

Männer haben gelernt, zu schweigen, sich durchzusetzen, sich durchzuschagen, allein oder mit anderen zusammen. Sie haben es gelernt in langen einsamen Waldspaziergängen, in nassen Fußballstadien, in öligen, nach Metallstaub riechenden Garagen, zwei Schrauben und eine Gauloise zwischen den Zähnen. Sie haben keine Probleme, die sie allein nicht lösen können - das ist wichtig, das ist existentiell, das ist der Kern ihres Selbstverständnisses als Jäger. Und das ist ihr größtes Problem. Deshalb haben Männer Schwierigkeiten, zu reden. Sie haben nicht gelernt, ihre Gefühle in Worte zu kleiden. Wenn sie zusammensitzen, dann verstecken sie ihre Unfähigkeit, zu reden - und reden. Sie reden über Dinge, die ihnen nicht nahegehen, die keine Offenbarung verlangen: über Fußball, Autos, Politik. Über Gefühle, gar über Probleme, die sie zu übermannen drohen,  erst nach dem vierten Bier - und keiner ihrer Freunde wird - wenn er sich denn erinnert - so rücksichtslos sein, diese Offenbarungen, dieses Eingeständnis, Probleme zu haben, am nächsten Tag noch einmal anzusprechen.
Frauen haben gelernt, zu reden, Übereinstimmung zu suchen, Konsens, Kompromisse. Sie haben es gelernt an langen Tagen in warmen Küchen, beim Warten auf den Kuchen, der seine Zeit braucht - Frauen leben in Netzwerken. Sie haben gelernt, daß es erleichtert, seine Probleme jemandem zu erzählen, dem sie vertrauen - und der gelernt hat, zuzuhören. Sie haben von kleinauf gelernt, zu sagen, wer sie geärgert hat und auch, was sie geärgert hat und wie es wehgetan hat. Sie haben keine Scheu mehr, zuzugeben, daß sie hier oder da unterlegen waren, sie haben keine Scheu, sich ihrer Freundin anzuvertrauen, auch ohne Alkohol. Aber sie haben nicht gelernt, ihre Entscheidung ohne ihre Freundin zu treffen, sich selbst in den Sturm zu stellen, ungeschützt und unwiderruflich über ihr weiteres Leben zu entscheiden, ohne sich um die Konsequenzen ihrer Entscheidung zu kümmern, das ist ihr Problem.

Ich mag sie beide.

Ich mag Menschen, die bereit sind, Entscheidungen zu treffen, auch wenn diese falsch sein können, die kurzentschlossen handeln können, widersprechen auch um des Prinzips willen, die streiten können aus Lust am Streit, die aber auch mit einem Blick und ohne Worte wissen, was jetzt grade nötig ist, die einfach mal die Klappe halten, wenn Reden stört. Die einem auch die Leviten lesen, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, schonungslos und ohne falsche Rücksichtnahme.
Ich mag Menschen, die sich auf Netzwerke einlassen können, sich langfristig positionieren, die auch auffangen können, Menschen, mit denen ich reden kann, auch über Probleme, über Gefühle, über Intimes, ohne das Gefühl zu haben, wegen dieser Schwäche scheel angesehen zu werden. Die zögern, bevor sie urteilen, die abwägen, die sich auch fragen, ob ihr Urteil verletzen könnte. Die Berührungen nicht scheuen, die Zärtlichkeit (haptisch wie emotional) zulassen und geben können.

Und - natürlich? - mag ich Menschen, die beides sind, die sowohl 'typisch männliche' als auch 'typisch weibliche' Eigenschaften haben; die mag ich, ehrlich gesagt, sogar am liebsten.